Plakate gestaltet von Alexander Schmidt, Julius Kleinbach und Katja-Lisette Seger
Zu Claude Lanzmanns Film Le dernier des injustes (Der Letzte der Ungerechten)
Claude Lanzmann zeichnet im Film Le dernier des injustes (Der Letzte der Ungerechten) von 2013 ein Doppelportrait: Er zeigt sich selbst als jungen Filmemacher sowie als späteren Monteur seines Interviews mit Benjamin Murmelstein, dem einzigen überlebenden „Judenältesten“ und letzten Vorsitzenden des Judenrats aus dem Ghetto Theresienstadt, mit dem er 1975 während der Dreharbeiten für den Film Shoah gesprochen hatte. In dieser doppelten Verzeitlichung bringt Lanzmann die Aporien hervor, die damals noch im Material verborgen geblieben waren: die Aporie der Unmöglichkeit rationalen Handelns in einer zutiefst verrückten Welt. Benjamin Murmelstein, der von der Kommandantur des Lagers und Ghettos Theresienstadt als Judenratsältester eingesetzt worden war, rechtfertigt seine später drastisch in Frage gestellte Kooperation mit den Nazis im Gespräch mit Lanzmann mit utilitaristischen Gründen und einer materialistischen Theorie des Films. Diese Theorie brachte ihn dazu, bei der Herstellung eines Films mitzuwirken, den die Lagerkommandantur anfertigen ließ, um internationale Kommitees wie das Rote Kreuz über die wahren Zustände im Ghetto zu täuschen.
Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch
Gertrud Koch ist Professorin für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin und Visiting Professor an der Brown University, USA. Zahlreiche Gastprofessuren im In- und Ausland. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie, Soziologie und Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt promovierte sie dort 1987, es folgten Forschungsaufenthalte am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen, am Getty Research Center in Los Angeles. Neben zahlreichen Monographien ist sie auch Mitherausgeberin deutscher und internationaler Zeitschriften.