Besucherinnen während der Vernissage am 24. Juli 2015. Foto: Andrea Eichardt, HMKV
New Media-Professorin Olia Lialina und Dragan Espenschied, NetzkünstlerInnen der ersten Stunde und Kuratoren der Ausstellung Digitale Folklore, erforschen bereits seit einem Jahrzehnt die Amateurkultur des World Wide Web. Die weltweit erste Ausstellung zu Digitaler Folklore zeigt Arbeiten (u.a. auch von Studierenden und Absolventen der Merz Akademie, wie z.B. die Flexible Dancefloor Disco von Saskia Aldinger), die aus aufwendig restaurierten und künstlerisch neu interpretierten digitalen Ruinen des kostenlosen Webhosting-Dienstes GeoCities bestehen.
2009 wurde dieser Service durch den Konzern Yahoo! abgeschaltet. Nach fünfzehnjährigem Bestehen wurden so Millionen handgemachter Homepages vernichtet … ein Terabyte der Daten konnte jedoch kurz vorher kopiert werden. Darin finden sich persönliche Webseiten, Fan-, Trauer-, Rezept-, Hausaufgaben-, Computerspiel- und Haustier-Seiten, rotierende „Welcome To My Homepage“- und Baustellen-Schilder, blinkende Weltraum-Tapeten und zappelnd animierte Figuren.
„Computer- und Netzkultur werden nur zu einem kleinen Teil von technischen Innovationen geprägt. Es ist unwichtig, wer den Mikroprozessor, die Maus, TCP/IP oder das World Wide Web erfand und welche Ideen dahinter steckten. Ausschlaggebend ist, wer sie wie benutzt. Allein durch die User gewinnt Computertechnologie überhaupt an kultureller Bedeutung. Viele Bemühungen der User, seien es glitzernde Sternenhintergründe, Fotos süßer Kätzchen oder Regenbogenfarbverläufe, werden als Kitsch verlacht oder gar als allgemeiner kultureller Verfall bezeichnet. Dabei ist dieser scheinbare ästhetische Wirrwarr, geschaffen von Usern für User, die wichtigste, schönste und am meisten missverstandene Sprache der Neuen Medien.“
(http://digitalfolklore.org)
Unterstützt werden Lialina und Espenschied vom Kopf des Archive Teams Jason Scott, dem US-Künstler Joel Holmberg und dem Experten für chinesische Netzkultur Gabriele de Seta.
Eine Ausstellung des GeoCities Research Institute.
In Zusammenarbeit mit: Merz Akademie, Hochschule für Gestaltung, Kunst und Medien, Stuttgart