Willkommen im Freiraum Zelle Zirkus - Leben in der Manege und am Rand Vaihingen - Rand mit Hintergrund Aus der Platte Hinter der Fassade Zone 1 Stuttgarts Grenzen im Wandel der Zeit Stuttgart und seine Peripherie - durch den Bauzaun Kontrast Peripherie, das Puzzle-Memory 100 Meter Leerstand





Allgemein

Der Begriff der „Peripherie“ verweist auf einen Diskurs über Machtstrukturen, Hierarchien, Abhängigkeiten, Teilhabe und Ausschlussmechanismen. Die Peripherie, mit der wir uns im Rahmen des Projektes vorwiegend beschäftigt haben, bezeichnet die „Umgebung“ oder das „Umfeld“ einer Region oder einer Gesellschaft im Gegensatz zum Kernbereich.
Das Thema „Peripherie“ kann dabei auf politischer, sozialer oder städtebaulicher Ebene, lokal, regional oder global betrachtet werden. Beginnt zum Beispiel die Peripherie der Stadt an den Endhaltestellen des ÖPNV? Oder ist – wenn wir Zentralität als gesellschaftliche Mitte und Teilhabe verstehen - die Peripherie in Gestalt ausgegrenzter bzw. marginalisierter Bevölkerungsgruppen mitten unter uns? Welche Wechselwirkungen zwischen Machtzentren und Peripherie beobachten wir beispielsweise bei politischen Entscheidungsprozessen? Welche Potentiale birgt der Blick von außen, von den Rändern her auf ein Zentrum? Wo und wie erleben wir die Peripherie in unserem eigenen Leben?
Die Arbeiten der Projektteilnehmer*innen wurden ortsspezifisch für die Präsentation an unterschiedlichen Standorten im Stadtraum konzipiert. Aufgrund der Pandemie können gegenwärtig nicht alle Arbeiten an ihrem jeweiligen realen Ort gezeigt werden. Dieser Website, die von Anna Trunk im Rahmen des Projektes gestaltet wurde, entnehmen Sie Informationen zum aktuellen Stand der analogen Ausstellung bzw. den Orten, an denen die Arbeiten entstanden sind.






100 Meter Leerstand

Eine lange Ladenzeile leerstehender Geschäfte – eine Bilderserie der Lücken und Leerstellen. Das Projekt „100 Meter Leerstand“ zeigt am Beispiel der Marktstraße und der König-Karl-Straße in Bad Cannstatt, wie der aktuelle Strukturwandel im Einzelhandel das Stadtbild verändert.
Während der Handel traditionell bis Anfang der 90er Jahre ein Kundenmagnet war, verliert er zusehends seine Wirkung. Er ist ausgelagert in die Peripherie – ins Internet oder in Einkaufszentren, die meist in Randgebieten liegen. Das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten zeigte sich zunächst in verödenden Zentren von Klein- und Mittelstädten. Heute ist diese Entwicklung längst auch in größeren Städten angekommen. Bad Cannstatt als dezentralen Stadtteil Stuttgarts trifft es dabei bereits deutlich stärker als die Innenstadt Stuttgarts. Corona verstärkt diese Entwicklung noch.
Das Verhältnis von Peripherie und Zentrum scheint sich umzukehren. Während sich das Zentrum von seiner Umgebung bislang vor allem dadurch unterschied, dass es zentrale wirtschaftliche, verwalterische und kulturelle Bedeutung hatte, steht es heute vielerorts leer und muss sich ein Stück weit neu erfinden. In der Zusammenschau der Einzelbilder der Fotoserie entsteht ein Bild des Nichts, oder des noch Nichts – des Endes einer Ära und des Anfangs von etwas noch Ungewissem.


Die Bilderserie ist den Februar über im Schaukasten unterhalb des Wilhelmsplatzes in Bad Cannstatt, beim Aufgang zur Marktstraße zu sehen. Begleitend zur Bilderserie entstand ein zwei Meter langes Leporello, welches auf der Vorderseite die leeren Ladenfronten zeigt und auf der Rückseite Hintergrundinformationen zum Ladensterben sowie zur Geschichte des Einzelhandels in Bad Cannstatt liefert. Das begleitende Leporello wird – sobald der Einzelhandel wieder geöffnet ist – in der Buchhandlung „Wissothek“ in Bad Cannstatt ausgestellt.


Grüße aus Bad Cannstatt – Fun Fact: Das Medium Leporello war um 1900 als ausklappbare Ansichtskarte sehr beliebt. Eine Zeit, in der auch in Bad Cannstatt der Einzelhandel florierte und es eine Vielfalt an unterschiedlichen Geschäften gab. Die Bildserie „100 Meter Leerstand“ spielt in der nüchternen Aneinanderreihung leerstehender Ladengeschäfte ironisch mit diesem Verwendungszweck von Leporellos und bricht die positive Assoziation.



Christine Joos

Peripherie, das Puzzle-Memory

Was ist Peripherie?

Peripherie bedeutet multiple Definitionen bestimmt durch Beobachtungspunkte wie Landschaft und Architektur oder soziale und kulturelle Kriterien. Ich habe versucht die unterschiedlichen Bedeutungen in Form von grafischem Element kombiniert mit Schlagwörtern, Zitaten und Fotos strukturiert darzustellen, realisiert als Kombination von Puzzle und Memory. Das Spiel visualisiert die 4 Formen der Peripherie wie sie unter anderem in dem Buch „Peripherie ist überall“ von Walter Prigge unterschieden werden:

Suburbanisierung erzeugt dezentrale Räume mit individuellen Peripherien, die das zentrale klassische Stadtzentrum ersetzen. Die frühere Dynamik der Stadtmitte wandert in die Vorstädte, wo nun die wahre Entwicklung stattfindet. Diese „Edge Cities“ wollen die modernen innerstädtischen Probleme hinter sich lassen für ein neues Utopia.

Fragmentierung isoliert die Innenstadt mit einer kulturellen Peripherie von den neuen suburbanen Zentren. Das klassische Zentrum fragmentiert in Erlebnisräume für Konsum Freizeit und Tourismus und so zu einem privilegierten Raum. Überwachung und monetäre Schwellen sortieren das Publikum. Vormals öffentliche Räume werden privater Kontrolle unterworfen und sind nur noch vorgeblich für alle zugänglich.

Individualisierung des Stadtraums erzeugt neue sozial abgegrenzte Räume für Handwerker, Arbeiter und Eliten. Die althergebrachte lokale Durchmischung verschwindet, Urbanisten übernehmen die Innenstadt. Das stadtverbundene „Wir Gefühl“ wird durch vermeintliche Individualität ersetzt. Die Kaufkraft bestimmt den Lebensstil und damit das Wohngebiet.

Mediatisierung mit dem Prinzip der massenweisen Verbreitung von kostenlosen und freien Informationen erzeugt urbane Milieus übergreifend zur sozialen Grenzen und hebt damit die Konsequenzen der Individualisierung und Fragmentierung wieder etwas auf. Die Grenzen zwischen hoher Kultur wie Oper und niederer Kultur wie Kino verschwimmen, der Genussgedanke gewinnt an Einfluss. Diese „Kultur für Alle“ führt im Gegenzug aber auch zur Privatisierung öffentlicher Kulturereignisse und damit wiederum zur neuen Domäne der Vermögenden, Szeneviertel und Orte separieren die Stadtkultur.

Das Periphere-Memory-Puzzle soll in Stadtbibliotheken ausliegen und dort gespielt werden können.



Laura Baumann

Kontrast

Es ist ein Ort der Traditionen, der Familienbetriebe und Dorffeste. Doch in den letzten Jahren wandelte sich das Stadtbild. Neben Scheunen und Ställen sind immer wieder fremdartige Gebilde zu entdecken. Neben Gemüsegarten und Pferdestall, sind Rollrasen und Kirschlorbeer-Hecken aufgetaucht. Große Kindertrampoline stehen auf makellosen Rasenflächen. Nagelneue Elektroautos stehen neben alten Traktoren am Straßenrand. Moderne Architekturen schauen zwischen alten Bauernhäusern hervor. Anthrazit und Edelstahl gegenüber vom Wetter gezeichnete Holzfassaden. Umgeben von weiten Feldern, Bäumen und Sträuchern verändert sich ein von Traditionen geprägtes Dorf. Die Großstadt zieht ein. Ein Spaziergang durch Manolzweiler, ein malerischer Teilort der Gemeinde Winterbach im Rems-Murr-Kreis.



David Dippon

Stuttgart und seine Peripherie - durch den Bauzaun

Die Baustelle am Stuttgarter Hauptbahnhof ist wohl, gemeinsam mit dem Berliner Flughafen, das bekannteste Bauprojekt Deutschlands. Über 15 Jahre nach der Baugenehmigung versinken die Stadt und seine Vororte immer noch in Bauzäunen, Baggern und Barken. Bundesweit bildeten sich Bündnisse gegen das Projekt, die „Montags-Demos“ gelten als die größte Protestbewegung aller Zeiten. Seit dem 26. Oktober 2009 (damals noch mit vier Teilnehmern) fanden über 500 Veranstaltungen statt. Abgesehen vom „Schwarzen Donnerstag“ 2010 verliefen diese meist friedlich.
Ein kurzer geschichtlicher Abriss zu S21: Im April 1994 stellt die Landesregierung Baden-Württemberg das Bauprojekt Stuttgart 21 der Öffentlichkeit vor. Die Idee, einen Durchgangsbahnhof zu installieren und die Strecke Stuttgart-Ulm auszubauen, entstand allerdings schon fast zehn Jahre vorher. Nach einer langen Zeit von Finanzierungs- und Realisierungsdiskussionen wurde 2005 die Baugenehmigung erteilt. Bis zum Baubeginn 2010 wird der Geldrahmen zwar mehrfach gesprengt, aber ab dem ersten Spatenstich gibt es kein Zurück mehr. Die Kosten belaufen sich bis hier auf 3,1 Milliarden. Die Proteste werden größer und größer. Als der Nordflügel abgerissen wird versammeln sich über 20.000 Menschen in der Innenstadt. Als Winfried Kretschmann 2011 Ministerpräsident wird, versucht er einen Baustopp zu erwirken – vergeblich. Allerdings gibt es eine Volksabstimmung (mit fragwürdiger Fragestellung) in welcher sich die Bürger für das Projekt aussprechen. Bahnchef Rüdiger Grube kündigt eine schnelle Realisierung im Rahmen von 4,5 Milliarden an. In den nächsten Jahren werden immer wieder Mängel und Fehlplanungen festgestellt. Viele zweifeln daran, dass der Bahnhof bei Fertigstellung noch den zeitgemäßen Anforderungen entspricht. Dennoch beginnt man mit den Tunnelstichen. Diese sollten bis 2017 fertig sein. Die Kosten mittlerweile auf 6,5 Milliarden gestiegen. Heute sind die meisten Tunnel weitestgehend fertig, aber noch lange nicht betriebsbereit. 2019 verkündet die Bahn, dass keine weiteren Preissprünge mehr zu erwarten sind. Die Gesamtkosten betragen 8,2 Milliarden und das Ziel ist eine Eröffnung 2025.



Robert Heinz

Stuttgarts Stadtgrenzen im Wandel der Zeit

Die Stadtgrenzen sind im ständigen Wandel der Zeit. Auch in Stuttgart ist zu beobachten, dass die Grenze der Stadt sich immer weiter ausdehnt und was früher zur Peripherie gehört hat, gehört heute zur (Innen-)Stadt. In diesem Projekt habe ich mich etwas auf die Spuren der Zeit begeben und in der Historie von Stuttgart gewühlt. Vor allem hat mich in meiner Recherche interessiert, was früher vor den Stadtgrenzen von Stuttgart passiert ist und was sich dort heute befindet. Dabei bin ich darauf gestoßen, dass es einige Dinge gibt, die früher aus verschiedenen Gründen außerhalb der Stadt stattgefunden haben heute an Orten sind, die mittlerweile zur (Innen-)Stadt gehören. Genauer betrachtet habe ich mir hierbei die drei großen Richtstätten, welche es in Stuttgart gab.



Ulrich Kerner

Zone 1


Fabian Kneher

Hinter der Fassade

Sie sind trist, oft grau und wirken wie riesige Betonklötze. Hochhaussiedlungen haben nur bedingt Charme, Anonymität wird hier großgeschrieben und sie sind soziale Brennpunkte. Das sind die Vorurteile, welche auch wir zu Beginn des Projektes "Peripherie" pflegten. Nachdem wir uns jedoch das Semester über mit genau diesen Hochhausiedlungen beschäftigt haben, fiel uns auf, dass ein Blick hinter die Fassade wahre Wunder verbirgt. Wir -das sind Nadine Thurner und Julia Förstner- machten es uns zum Ziel mit Vorurteilen gegenüber den Hochhausiedlungen am Rande Stuttgarts aufzuräumen, fotografierten dafür sowohl die Siedlungen in Freiberg bzw. Mönchfeld, als auch den Gebäudekomplex "Romeo und Julia" in Stuttgart Rot. Unser Hauptaugenmerk haben wir bei unserer Recherche jedoch auf den Asemwald gelegt. Dort wurden wir nach einem von uns gestartetem Flyeraufruf, tatkräftig mit Insiderwissen durch Adriana Zwink und Felix Wolf unterstützt. Als Endprodukt sind bei unserem Projekt Postkarten entstanden. Auf deren Vorderseite ist eine, auf neonfarbenem Hintergrund gesetzte Skyline, zu finden. Diese haben wir aus den Fotografien der verschiedenen Hochhäuser zusammengesetzt, um somit eine neue Stadt zu erschaffen. Auf der Rückseite hingegen befinden sich 30 verschiedene Zitate, welche sich rund um die Themen -Allgemeines, Architektur, Fun-Facts und Insiderfakten- drehen und Ihnen einen näheren Einblick in die Hochhäuser bieten. Ausgestellt werden die Postkarten ab Donnerstag in der Verwaltung des Asemwald, wo sie gerne bestaunt, mitgenommen oder auch verschickt werden können.



Julia Förstner und Nadine Thurner

Vaihingen - Rand mit Hintergrund

Das Projekt „Vaihingen – Rand mit Hintergrund“ setzt sich mit der Geschichte des größten Stuttgarter Randbezirks auseinander und soll die allgegenwärtige Koexistenz von der Vergangenheit und dem Jetzt verdeutlichen. Schwarz-Weiß-Fotografien aus den Stadtteilen Vaihingen, Rohr, Büsnau und Dürrlewang repräsentieren hier die Gegenwart und werden kombiniert mit farbigen Illustrationen, die den geschichtlichen Hintergrund der Stadtteile darstellen. So soll dieses Nebeneinanderbestehen aufgearbeitet und ins Bewusstsein gerufen werden. Das Projekt wird voraussichtlich im Februar im Vaihingen Rathaus oder in der Schwabengalerie zu sehen sein.



Lana Basic

Aus der Platte

„Man versteht es nicht, zwischen schrankenlos zudringlicher Intimität und vollkommener Interessenlosigkeit aneinander die mittlere Distanz zu finden.“ Aus: Alexander Mitcherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte
Von Mitte der 1950er bis Mitte der 1970er Jahre entwickelten sich in der Bundesrepublik Deutschland die Großwohnsiedlungen. Sie sind fast nur in den großen Ballungsgebieten zu finden. Als Großwohnsiedlung oder Großsiedlung werden Stadtteile oder große Wohnquartiere in Städten bezeichnet, die zumeist Geschosswohnungsbauten aufweisen und in ihrer Größe relativ kurzfristig entstanden sind. Dadurch unterscheiden sich Großsiedlungen von Stadtteilen, die durch kontinuierliche Erweiterung gewachsen sind.
In den Großwohnsiedlungen wohnte zunächst vorwiegend die Mittelschicht, meist junge Familien. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die materiellen Voraussetzungen, die erfüllbaren Ansprüche und Zielsetzungen der Wohnungspolitik in der Bundesrepublik verändert. Eine so genannte „Stadtflucht“ führte oftmals zur Verminderung der Einwohnerzahlen der Großstädte und zu reichen und großen Randgemeinden. Der Stellenwert von Großwohnsiedlungen veränderte sich. Die Großwohnsiedlungen wurden in dieser Zeit allmählich zum Symbol für einen inhumanen Städtebau.



Anna Trunk

Zirkus - Leben in der Manege und am Rand

„Der Circus öffnet eine winzige Lücke in der Arena der Vergessenheit. Für eine kurze Spanne dürfen wir uns verlieren, uns auflösen in Wunder und Seligkeit, vom Geheimnis verwandelt.“ - Henry Miller
Zirkus, eine schillernde, magische Welt, zugleich eine Randsituation, nicht nur geografisch, sondern auch oft gesellschaftlich. Eben an diesem Rande, des Dorfes Schönaich, bei Böblingen, hat der Circus Bravissimo, welcher von der Familie Frank geführt wird, ein Quartier gefunden, in welchem Sie während der Pandemie zum Ausharren gezwungen werden. Doch auch in dieser Situation, voller Existenz und Zukunftsängsten, haben sich wunderschöne Momente und Begegnungen ergeben. Begleiten sie uns zu einem Ausflug an den Rand: Willkommen im Circus Bravissimo!



Victoria Scheible, Sinem Özkan und Vivienne Jahn

Willkommen im Freiraum Zelle

Im Zuge meines Projekts erstellte ich eine Fotoreportage über das außergewöhnliche Gebäude der Kulturschock Zelle und seine Bedeutung an der Peripherie Reutlingens. Ergänzt wird die Fotostrecke durch drei Interviews mit Mitgliedern der Zelle, welche als autonomes Zentrum schon über 50 Jahre alt ist. Die Reportage soll aufzeigen, wie die Zelle Identifikationsangebote für Jugendliche außerhalb der Metropolen bietet.



Eva-Maria Gebhardt