Es war ein Bestandteil der Kolonialgeschichte, auch die kulturellen Ressourcen anderer Länder anzueignen und auszubeuten. So gab es während der Kolonialzeit systematische Anweisungen zum Einsammeln von Artefakten aller Art in afrikanischen Ländern, um die großen ethnographischen Sammlungen aufzubauen. Die Relikte dieser Praxis, die ethnologischen Museen, bestehen mit ihrem, von den Museen selbst gern “Schätze” genanntem Materialbestand bis heute fort, auch wenn sie derzeit eine Wandlung, Umdefinition und Neuausrichtung erfahren. Aus einer kritischen Perspektive kann man mittlerweile an fast Allem rühren: an den Klassifikationen, dem Sinn und Zweck dieser Museen etc., nur an einem nicht: am Besitzstand. Digitalisierung und künstlerische Interventionen sind derzeit zwei Wege, zumindest auf einer symbolischen, wenn schon nicht materiellen Ebene die Objekte zurückzugeben. Der Vortrag diskutiert diese Handlungen als »Ersatz« in seiner Ambivalenz und fragt gleichzeitig danach, welche Wertvorstellungen dem perpetuierten Kolonialbesitz als uneingestandenem Schuldverhältnis zugrunde liegen.
Susanne Leeb lehrt seit 2014 zeitgenössische Kunst an der Universität Lüneburg. Zuvor war sie tätig als Assistenzprofessorin an der Universität Basel und als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin. Sie ist Beiratsmitglied von Texte zur Kunst und Mitherausgeberin der Buchreihe Polypen bei b_books, Berlin. Dort erscheint im Herbst die Buchfassung von “Die Kunst der Anderen. Weltkunst und die anthropologische Konfiguration der Moderne”. Ihre Themenschwerpunkte sind zeitgenössische Kunst, Kunsttheorie und Kunstkritik, postkoloniale und transkulturelle Kunstgeschichte.